Unser Slogan „Vive la difference“ wird auch sehr gern von „identitären“ Rechten benutzt. „Liewer düd aß Slaawe“ steht auf vielen Treckern der Rechts-gesteuerten Bauernproteste 2024. Einige ergänzende Worte zu dem Grundsatzprogramm sollen sowohl Zweifel an unserer Parteinahme für Betroffene zerstreuen als auch unterstreichen, dass wir nicht ablehnend oder ausgrenzend gegenüber allen Identäts-Konzepten sind.

Die zentralen Sätze des Grundsatzprogramm sind:

„Wir wollen die deutsche Normalität auflösen“
und
„Wir müssen alle unsere gruppenzugehörigkeigen als Mittel von Konkurrenzkämpfen betrachten“ 
Ich versuche sie zu erklären.
Natürlich sind Sätze wie „Wir wollen…“ in dem Moment falsch, wenn sie nicht von allen mitgetragen werden. Aber da beisst sich die schlange in den Schwanz.
Ich kann mir gut vorstellen, dass solche, auf dem ersten Blick „ablehnenden“ und „trennenden“, Aussagen potentielle Bündnispartner*innen und wählende abschrecken, die wir eigentlich erreichen wollen. allerdings ist „Das Verbindende“ tatsächlich die spezifische Diskriminierung durch einen universellen Kapitalismus. Es besteht die Gefahr der Heuchlei eine „Einheit der Andersartigen“ anzupreisen, indem man sich auf genuine (angeborene) Eigenschaften beruft. Das passiert sehr oft in der Politik, wenn ein bestimmtes „Wir“ beschworen wird.

[Das ist auch eine mögliche Kritik an den „universellen“ Menschenrechten.]

Das mag sehr negativ klingen. aber man kann nicht skeptisch genug sein, wenn der Ethnopluralismus vertreten wird, alle homogenen (einheitlichen) „Völker“ sollten einfach nur in Frieden nebeneinander leben.

Es ist verständlich, dass die (feststehende) Identität etwas sehr wichtiges ist. Aber „die verbindende Gemeinsamkeit“ muss im gemeinsamen Kampf erst hergestellt werden und ist nicht von vorn herein vorhanden.

Das ist alles sehr theoretisch. Wir wollen einen grundsätzlichen Ansatz von (Anti-)Politik bringen und keine Mehrheiten beschaffen. Wir sind überzeugt, dass wir am authentischsten für die Betroffenen ohne Paternalismus auftreten, in dem wir uns selbst als gleichzeitig privilegierte und unterdrückende begreifen. In der Praxis heisst das: Es geht nicht darum, die Identitäten völlig aufzulösen. Aufgelöst gehört die Vorstellung von Normalität, welche unsere Identitäten zu „Abweichungen“ macht.

Dieses Konzept von (prekarisierter) Identität kann als zentral angesehen werden für DIE SONSTIGEN als Minderheitenpartei, politisches Bündnis und antifaschistisches Netzwerk.

Hoffentlich war dieser Text mindestens gedankenanregend.

Literatur-Empfehlung:

  • Isabel Lorey, Die Regierung der Prekären. Mit einem Vorwort von Judith Butler, Verlag Turia + Kant, Wien/Berlin 2012, ISBN 978-3-85132-669-7 (Neuauflage 2020, ISBN 978-3-85132-968-1).
  • Luise Meier, MRX Machine. Matthes & Seitz Berlin, Berlin, 2018, ISBN 978-3-95757-595-1
  • Bernice Johnson Reagon, Coalition Poitics (engl.) in Home Girls – A black feminist Anthology, herausgegeben von Barbara Smith, Rutgers University Press, New Brimsweocl. New Jersey, London, 1983, ISBN 0913175021